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DDR Lexikon
 
Gefängnisszelle
mit Glasbausteinen
 
Spielgeld im Gefängniss
 
Knast ist", sagte mir ein Mithäftling, "wenn Du mit Leuten, mit denen Du nie in Leben etwas zu tun haben wolltest, in eine Zelle gesperrt wirst und mit denen leben mußt." Das ist schon unter normalen Bedingungen schwierig, noch komplizierter, wenn die Zellen überbelegt sind (sechs bis acht Gefangene in einem fünf mal sechs Meter großen Raum) und fast ausweglos, wenn, wie in Rummelsburg ein ganzes Haus der U-Haft, die sogenannte "Nichtarbeiterstation" den ganzen Tag nichts tun darf, die Zelle außer zur "Freistunde" nicht verläßt und nur herumsitzt. Zur Strafe dafür durften die "Nichtarbeiter" auch kein Fernsehen sehen. Das führte fast automatisch dazu, daß "Spiele gespielt", nämlich Mithäftlinge erniedrigt und gequält wurden. Schon um die unangenehmen Aufgaben wie Zellenreinigung abzudelegieren, wurde ein Mithäftling zur "Votze" ernannt und mußte gelegentlich den anderen auch sexuell zu Diensten sein. Wenn die Schließer von solchen sogenannten "Drangsalierungen" über Beschwerden erfuhren, wurde mit einer Verwarnung oder Arrest bestraft. Allerdings war nur allzu deutlich, daß es dem Strafvollzugspersonal nur um die eigene Ruhe ging. Wenn nichts aus der Zelle (im Osten wie im Westen offiziell als "Verwahrraum" bezeichnet) herausdrang, krähte auch kein Hahn danach.
 
Ein unter ahnungslosen Mitbürgern weit verbreiteter Irrtum ist die Auffassung, am besten hätten es im Strafvollzug die Schwulen, weil dort schließlich lauter Männer wären. Aber Knasthomosexualität hat eben gar nichts mit Liebe zu tun. Ein langgedienter DDR-Knaster sagte mir mit verlogener Sentimentalität in der Stimme: "Wenn man länger im Knast ist, sucht man sich eben Jungen,die ein bißchen wie ein Mädchen aussehen und eine zarte Haut und ein anschmiegsames Wesen haben - man braucht doch einen Ersatz." Schwule und hübsche Jungen galten für ranghohe Häftlinge als Ersatz für Frauen, unter der Bedingung, daß sie keine gleichrangigen Partner waren, sondern verachtete, wenn auch benötigte Objekte blieben. Sie wurden entweder vergewaltigt oder für ihre Dienste bezahlt, waren aber auch im letzteren Fall Freiwild, wenn ihr Liebhaber ihnen den Laufpaß gab. Ein Bekannter erzählte mir von einer absurden Situation, in der ein sozialer Gefangenen gerade "seine" Miez von hinten bummste und dabei auf die "Scheißschwulen" schimpfte. Antihomosexualität und Knasthomosexualität sind kein Widerspruch und Schwule hatten im DDR-Knast erst recht kein leichtes Leben.
 
Tagebuch / Texte
Der Major Döhler
Stundenlang waren die Gefangenen durch die DDR gefahren. Sie wußten nicht wo sie waren. In Ihren winzigen Zellen, waren sie ohne Verköstigung, gefesselt, über den Autobahn Asphalt geschaukelt. Von der Untersuchungshaft zur Haftanstalt. Das zukünftige zu hause. Für viele Jahre. Als man die Gefangenen sicher in der Zelle wußte, wurde Ihnen die Handfesseln gelöst. Zwei Kannen Tee stellte ein Beamter, für 30 Gefangene, in die Zelle. Dann hieß es warten. Nach vielen Stunden des Wartens, kam ein Beamter. Rief einen Gefangenen namentlich auf. Schloß ihm Handschellen an. Nahm ihn mit sich. Der Gefangene wurde dem Leiter der Anstalt vorgeführt. Major Döhler räusperte sich. Ein kleiner vierschrötiger Mann wippte auf dem Hacken und der Fußspitze hin und her. „Du weißt warum du hier bist ?“ fragte Major Döhler den Gefangnen. Ohne eine Antwort ab zu warten und mit einem höhnischen Grinsen fuhr er fort: „Endpersonifizieren werde ich dich“ sagte er mit gehobener Stimme und etwas leiser fügte er hinzu: „du weißt doch was ich meine ? Fünf Jahre habe ich Zeit aus dir das zu machen, was sich ein sozialistischer Staat wünscht. Ein willenloses sabberndes Arschloch. Das unfähig ist, irgendeinen Willen zu haben. Ich werde dich brechen. Deine Seele und alles andere auch. Falls du frei gekauft wirst vom Westen, habe ich alles dafür getan, das du keine Überlebens Chance hast.“ Major Döhler machte eine kleine Pause. Stierte den Gefangnen an. Versuchte eine Anteilnahme zu entdecken. „Einzelhaft mit Kettenarrest, persönliche Filzungen, regelmäßige Verprüglungen, keine Besuche und keine Packengeschenke sind die ersten Maßnahmen für dich“ dann lachte Major Döhler. Stellte sich ganz nah an den Gefangenen. Atmete ihn aus dem Mund an. „Du bist nicht der erste den ich hier klein mache“ Pause: „keine, aber auch wirklich keine Vergünstigung für dich, kein Bücher, keine Fernsehen, geschrieben wird nicht, auch nicht an die Verwandten. Der Gefangene hatte zu gehört. Schweigend hatte er die Worte über sich ergehen lassen. Staunend spürte er seinen trocknen Mund. Er versuchte, dem Leiter der Anstalt, nicht direkt in die Augen zu schauen. Die Worte drangen langsam vor. Zum Verstand. Empörung und Wut machten sich in der Seele des Gefangenen breit. Kein Gedanke formte sich zu etwas Sprechbaren. Major Döhler war um den Gefangenen gelaufen. Er ergriff wieder das Wort: „solche Dreckschweine wie dich mach ich fertig, zu den Ratten kommst du, deine eigene Scheiße wünscht du dir zu fressen, in den Mutterleib zurück sehnst du dich, Gnade wirst du winseln und ich werde dich wissen lassen wie man jemanden enthäutet.Das alles hatte Major Döhler an den Hinterkopf des Gefangenen gehaucht. Plötzlich stellte er sich wieder vor den Gefangenen. Auge in Auge schauten die beiden sich an. Plötzlich spuckte der Gefangne dem Major ins Gesicht. „Du Nazischwein“ Schrie der gefangene dem Major ins Gesicht. Der Major taumelte. Griff unter seinen Schreibtisch, betätigte ein Klingel. Dann stürzte er sich mit einem Faustschlag auf den Gefangenen. Die gerufenen Beamten traten auf den Gefangenen ein. Dann zogen sie den Gefangenen, der röchelte und blutete aus dem Raum. Eine Weile lag der Gefangene allein auf dem Gang. Die Beamten kamen wieder und schleiften den Gefangenen einige Gänge lang. Vor einer Zellentür blieben sie stehen. Öffneten die Tür und zogen den Gefangenen in die Zelle.In einem Verließ, das 2,40 m lang, 1,20 breit und 80 cm hoch war, erkannte der Gefangene, trotz geschwollener Augen die Eisenpritsche. Die Matratze fehlte.
Die Polizisten zerrten den Gefangenen auf die Pritsche und schlossen ihm, um Hände und Füße Ketten. So das er auf dem Rücken liegend, nicht mehr vom Bett los kam. Ein scharfer kalter Windstoß kam vom Kopfende. Der erste Urin näßte die Hose des Gefangenen. Nach Stunden der Dunkelheit konnte man langsam den Raum erkennen. Die Eisenketten waren fest an der Pritsche verschweißt. Am Kopfende waren gläserne Mauersteine, durch die man den Tag und die Nacht, erahnen konnte. Die Kälte wurde unerträglich.Dann fiel der Gefangene in wirre Träume.

Text: M.J.Naue

Fortsetzung
 
GEDENKSTÄTTEN u. MUSEEN
 
Deutsches Historisches Museum
Unter den Linden 2
10117 Berlin
Tel.: 030/20304-0
 
Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße
Ruschestraße 103
Haus 1
10365 Berlin
Tel.: 030/55368-54
 
Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde
Marienfelder Allee 66 - 80
12277 Berlin
Tel.: 030/75008400
 
Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen
Genslerstraße 66
13055 Berlin
Tel.: 030/986082-30
 
Gedenkstätte "Roter Ochse" Halle (Saale)
Am Kirchtor 20a
06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345/22012-13
Gedenkstätte Moritzplatz Magdeburg
Umfassungsstraße 76
39124 Magdeburg
Tel.: 0391/244559-0
 
Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn
An der BAB 2
39365 Marienborn
Tel.: 039406/920-90
 
keine vollständige Aufzählung !
Gefängnisse in der DDR
 

In der DDR gab es 44 Gefängnisse und 33 U-Haftanstalten, davon 16 des Ministeriums für Staatssicherheit. Etwa 180 000 Menschen saßen zwischen 1949 und 1989 aus politischen Gründen in DDR-Haft. Besonders viele in den Haftanstalten Bautzen, in Berlin-Hohenschönhausen (U-Haft des MfS-Hauptquartiers), Cottbus, Brandenburg und Naumburg.

Das Frauengefängnis Hoheneck war ein Zuchthaus in Sachsen.
Der Name ist Synonym für die Verfolgung vieler, aus politischen Gründen inhaftierter Frauen in der DDR. Genaue Inhaftiertenzahlen sind nicht bekannt. Schätzungen sprechen aber von mehreren Tausend. Hoheneck in Stollberg (Erzgebirge) stand für Angst, unmenschliche Haftbedingungen, Ausbeutung, Folter und hatte den Ruf, das berüchtigtste Zuchthaus im gesamten deutschsprachigen Raum zu sein. Neben Zellen für Isolationshaft und/oder Dunkelhaft verfügte Hoheneck auch über eine „Wasserzelle“, bei der zusätzlich zur Isolation und Dunkelheit noch das teilweise Fluten mit eiskaltem Wasser durchgeführt wurde.

Staasi - Gefängnis: Berlin - Hohenschönhausen

Der Stasiknast Hohenschönhausen, einer wachturmumgebenen Zwingburg aus Beton, von der Außenwelt ehemals durch eine weitere Mauer um das umliegende Viertel von Stasiverwaltungsgebäuden und -Werkstätten doppelt abgeschottet.

Die Fiktion eines "Lager X". Wie der bis 1975 dort ebenfalls ansässige Strafvollzug der Staatssicherheit hieß. Nach Hohenschönhausen kam man nie direkt. Von einem anderen Einlieferungsort,"Rummeline" (Rummelsburg) oder der "Magdalene" (Stasihauptquartier in der Magdalenstraße) wurde man im geschlossenen "Barkas", einem DDR-Kleinlastwagen, mit einem Container auf dem Rücken, in die U-Haft gefahren.

"Kleine Minna" ( Barkas ) "große Minna" ( W 50 Lastwagen )

Dort erst in einer weiteren "Schleuse" innerhalb des Gebäudes ausgeladen. Nie hatte damals ein Gefangener die Chance, den Komplex von außen zu sehen. Auch eventuelle Kontakte mit der Außenwelt und die Entlassung war nur über Zwischentransporte nach außen möglich. Die Fenster waren mit Glasziegeln vermauert, der "Freihof" eine ummauerte Zelle, die nach oben nur durch Gitter und Stacheldraht einen Blick in den Himmel freiließ. Auch Kontakt zu den Mitgefangenen war nur soweit vorgesehen, wie das die Staatssicherheit bestimmte. Wer nicht über Monate in Einzelhaft saß, bekam einen sorgfältig ausgewählten Zellengenossen zugeteilt. Oft genug war das ein sogenannter "ZI" (Zelleninformant), entweder ein Gefangener, der für fleißige Berichte Haft-erleichterungen bekam oder sogar ein Angestellter der "Firma" (wie der DDR-Geheimdienst nicht nur intern genannt wurde), der für seine Tätigkeit bezahlt wurde. Dafür, daß man während der Transporte zum Vernehmer, zum Arzt oder zum Duschen nie einem anderen Gefangenen begegnete und soziale Kontakte höchstens mit den Stasi-Leuten unterhalten konnten, sorgte ein ausgeklügeltes Warnsystem. Wenn die rote Lampe leuchtete, mußte man sich mit dem Gesicht zur Wand stellen. "Desorientierung", als eine Folter. Und die war genauso wirksam, wie die Wasserzellen im U-Boot" (dem 1964 still gelegten unterirdischen KGB-Gefängnis). Die Gefangenen wurden nicht mit Namen, sondern mit Nummern angeredet. Ein U-Häftling, der wochenlang in einer wasser- und toilettenlosen Dunkelzelle verbracht hatte, wurde vom Vernehmer mit den Worten empfangen: "Wo waren sie denn? Ich habe sie seit Wochen gesucht! Wie Sie aussehen, waren Sie in der Sommerfrische!" Der Häftling teilte verzagt mit, er habe in Dunkelhaft gesessen. "Dunkelhaft", sagte der Vernehmer, "haben wir hier nicht. Für mich waren Sie in der Sommerfrische!" Eine besondere Finesse der Entpersönlichung des Gefangenen war auch die Tatsache, daß niemand in die Zelle einen Stift und Papier bekam. Briefe, Eingaben oder Formulare durften nur im Zimmer des Vernehmers geschrieben werden, Prozeßunterlagen nur dort eingesehen werden. Persönliche Aufzeichnungen durften nicht angefertigt werden.

Grotowohl - Express

Für weitere Transporte von Strafgefangenen, die nicht irgendwelchen Isolierungs- oder Sonderbestimmungen unterlagen, wurden Eisenbahntransporter benutzt, die nach dem unglückseligen ersten DDR-Ministerpräsidenten im Volksmund den Namen "Grotowohl-Expreß" trugen. Von außen waren sie als Postwagen deklariert. Die Fenster waren mit Brettern sehr nachlässig verschlossen, so daß es beständig zog. In den einzelnen Zellen entlang eines Seitengangs saßen, ähnlich wie in Abteilen der älteren D-Züge auf zwei gegenüberliegenden Holzbänken je sechs Personen, allerdings so eng, daß sich die Knie berührten. Zum Gang hin waren diese "Abteile" mit Draht und Gittern abgeschlossen. Der Grotowohl-Expreß wurde an Bummelzüge angehängt, blieb allerdings dem Vernehmen nach oft auf der Strecke liegen, weil die DDR-Eisenbahner passiven Widerstand gegen diese Transporte leisteten, behaupteten, sie könnten die Verantwortung nicht übernehmen, hätten derzeit keine Kapazität oder ähnliche Ausreden. Das verlängerte für die Gefangenen nur die quälend langsame Fahrt und oft war der Grotowohl-Expreß von Süden nach Norden tage- und wochenlang unterwegs. Hinzu kam, daß die Fahrt durch die Republik ein Rundkurs gewesen sein soll und darum eine Fahrt von Dresden nach Meiningen unter Umständen über Rostock ging. Verrufen waren die Zwischenquartiere, in denen übernachtet wurde, besonders die "Cottbuser Kasematten", in denen es von Ratten gewimmelt haben soll.

Gefängnis im Inneren des Ostberliner Polizeipräsidiums in der Keibelstraße

Als Untersuchungshaftanstalt II (UHA II) diente, wie gesagt das Gefängnis im Inneren des Ostberliner Polizeipräsidiums in der Keibelstraße. Die Keibelstraße war ein Knast nach amerikanischer Bauart. Um einen bis zum Glasdach reichenden Innenschacht liefen in 6 Etagen Gänge, von denen aus die Zellen begehbar waren. Immerhin gab es in der Keibelstraße eine überwiegende Reihe von Zwei-Mann-Zellen, die allerdings sehr zugig und nur schwer beheizbar waren. In jeder Etage waren je zwei größere Zellen, vielleicht 10 mal 5 Meter groß, die gewöhnlich mit 12 Gefangenen belegt waren. Im 6. Stock war die Untersuchungshaft für Frauen, von den Männeretagen streng abgeschottet. Vielleicht im 3. Stock gab es den sogenannten Hochsicherheitsbereich, durch zusätzliche Gitter abgeschottet, in dem besonders gefährliche oder aus anderen Gründen für kürzere oder längere Zeit zu isolierende Gefangene in Einzelhaft saßen. Wahrscheinlich ebenfalls im 3. Stock gab es eine Verbindung zum Polizeipräsidium und dort die Zellen des Polizeigewahrsams, von den Gefangenen aus sicher nicht beliebigen Gründen als "Grüne Hölle" bezeichnet.

Mit herzlichen Dank an
Wolfgang Rueddenklau
für Texte u. Fotos

Grenzübergang Bornholmer Strasee

Am Abend des vorweihnachtlichen Tages im Jahr 1983 betrat ich den Grenzübergang Bornholmer Straße. Es regnete. Einige Stunden hatte ich gewartet. Mich meiner Selbst vergewissert. In einem Hauseingang. Bis die Dunkelheit sich ausbreitete hatte. Ich ordnete mich in die Fußgängerschlange ein. An der ersten Kontrolle kam ich ungefragt, nach Paß und Visum, vorbei. Einige Minuten später überquerte ich einige Geländer und stand zwischen den wartenden Autos. Dort lief ich mit Autofahrern, die ausgestiegen waren, einige Meter gegen West-Berlin. Unbemerkt kam ich durch zwei andere Kontrollen. Jetzt waren es nur noch wenige Meter bis zum letzten Schlagbaum nach Westberlin. Plötzlich rief mich ein Offizier an. Kam näher. Verlangte, das ich sofort wieder in mein Autos steigen sollte. Unsicher schaute ich nach den Autos. Schließlich versuchte ich die Tür eines Mercedes zu öffnen. In diesem Augenblick stand der Offizier wieder bei mir. Er hatte seine Pistole aus dem Halfter gezogen. Richtete diese auf mich: "zeigen Sie mir mal Ihre Papiere" , "Moment"! sagte ich. Als ich mich in den Wagen lehnen wollte, spürte ich einen harten Schlag an den Hinterkopf und verlor das Bewußtsein. In einer Wasserlache liegend, die Hände mit Handschellen gebunden auf dem Rücken, erwachte ich. Die Tür der Wellblechbude öffnete sich. Ein dicker Polizist trat an mich heran. "Du stinkst ja wie ne Kuh aus dem Arsch" sagte er. Dann spürte ich seinen Stiefel im Gesicht. Verlor erneut das Bewußtsein. Später zerrten mich der dicke Poizist und ein anderer, in ein Polizeiauto. " Wolln mal sehen ob die Sau, Tollwut hat" sagte der dicke Polizist. Im Polizeikrankenhaus Prenzlauerberg, wurde mir eine Blutprobe entnommen. Noch betäubt von den Schlägen, konnte ich mich kaum aufrecht halten. Der dicke Polizist witzelte mit einer Krankenschwester. Der andere ließ mich nicht aus den Augen. Augenblicke ohne Handschellen. Dann musste ich vor den Polizisten herlaufen. In Richtung Ausgang. Die Handschellen banden nun meine Hände vor dem Körper. Eine breite steile Treppe führte zu der schweren Ausgangstür. Die Polizisten wartetetn ab, wie ich die Tür wohl öffnen wollte. Als ich endlich meine Fuß in der Tür hatte und meine Schultern dazwischen schieben wollte, um sie weiter zu öffnen, trat mir der dicke Polizist, höher stehend, ins Kreuz. Mein Gesicht schlug auf die Eisenklinke. Ich taumelte ins Freie. Hielt mich am Wagen fest. Die herbei eilenden Polizisten wollten mich ins Auto drängen. Ich drehte mich um und schlug die geballten Fäuste, die zusammen gebunden waren, an den Kopf des dicken Polizisten. Er taumelte. Fiel auf die Straße. Der andere Polizist wollte seine Pistole ziehen. Ihn traf mein Fuß unter seinem Kinn. Er taumelte zu einer Hecke, wo er liegen blieb. Immer noch lief mir das Blut aus meinen Mund und der Nase. Ich ging zu dem Polizisten, der in Hecke lag und nahm aus seiner Brusttasche eine Packung Zigaretten und Streichhölzer. Ich setzte mich aufs Auto und rauchte. Apathisch nahm ich wahr, das ich überall blutete. Ich rauchte und stierte in die Nacht. Hatte keine Gedanken. Der Polizist, der in der Hecke lag, rappelte sich zuerst auf. Suchte seine Pistole. Als er sie gefunden hatte, kam er auf mich zu. Griff mir an den Arm und führte mich langsam ins Auto. Minuten später, stieg auch der dicke Polizist zu. Schweigend fuhren wir einige Straßen zum Polizeipräsidium Keibelstraße am Alexanderplatz. Wortlos wurde ich anderen Polizisten übergeben. Plötzlich sprang der dicke Polizist an mich heran und wischte mit der Faust über meinen Hinterkopf: " Uff den müsster sehr jut uffpassen" raunte er. Noch einmal Blickte ich ihn an. Dann wurde ich in einen Raum geführt und musste mich entblößen. "Loß Ohrring raus", brüllte mich einer an. Der andere fummelte meine Schnürsenkel aus den Schuhen. Wieder ein ander blickte mir in den After. "Anziehen" Dann brachten Sie mich, mit gebundenen Händen und Füßen zu einer Treppe. In zeitlupe stieg ich die Stufen empor. In der dritten Etage wurde ich anderen Polizisten übergeben. Als ich durch ein Gitter geschleußt war, die Hand und - Fußschellen mir abgenommen waren, sagte der eine Polizist, der mich gebracht hatte noch " jetzt kannste ein bisschen Sterben spielen, in der grünen Hölle" Sogleich bekam ich einen Knüppel in die Knie geschlagen. Brach zusammen. Auf Knien hockend hörte ich, was mir gesagt wurde. Dann bekam ich einen Schlag auf den Hinterkopf. Die Polizisten zogen mich in eine Zelle. Die Riegel und die Schlösser hörte ich zuschnappen und schließen. Grelles Neonlicht biss sich in meine Augen. Durch einen Lautsprecher kam die Aufforderung: "an den Tisch setzen" Stundenlang saß ich an diesem Tisch. Ich schaute an den Wänden entlang. Die grüne Farbe an den Wänden bohrte sich in meine Erinnerungen. Ein plötzliches Geräusch ließ mich aufmerken. Das Licht wurde abgestellt. Durch den Lautsprecher hörte ich: "hinlegen". Nach 20 Minuten wurde meine Zelle geöffnet. Benommen wollte ich mich erheben, aber da trafen mich die Stöcke der Polizisten, bis ich das Bewußtsein verlor. ich wühlte mich durch die Nacht. Manchmal erwachte ich im Dunklem, röchelte, spuckte Blut. Manchmal war die Zelle hell erleuchtet. Stunden wälzte ich mich, schweißgebadet. Dann hörte ich durch den Lautsprecher: "an den Tisch setzen, abwarten" Umständlich kam ich zu dem Stuhl und Tisch. Wartete. In der Gefängnistür wurde eine Luke geöffnet. Sie reichten mir einen leeren Platikbecher, Butterbrotpapier. Mit Fettresten beschmiert. Mit einem Knall schloß sich die Luke. Ich verstand nicht: was sollte ich tun mit dem Becher und dem Papier ? Durch den Lautsprecher kam die Ansage."An den Tisch setzen und Frühstücken" Ich betrachte den leeren Becher und das leere Papier. Lief in der Zelle auf und ab. Nochmal erklang duch den Lautsprecher die Stimme: "Hin setzen und Frühstücken" Als ich immer noch dachte, was wollen die von mir und was ist das für eine Verarschung, wurde die Zellentür geschlossen. Vier Polizisten mit Schlagstöckern stürmten auf mich zu und schlugen mir die Knüppel, wohin sie treffen konnten. Zusammengekauert saß ich neben dem Bett. Die Tür wurde verriegelt. Wieder die Lautsprecherstimme: "Setzen und Frühstücken". Ich setzte mich an den Tisch, nahm einen Schluck Tee aus dem leeren Becher. Öffnete das Brotpapier Kaute imaginäres Brot. Das Blut aus meiner Nase vermischte sich mit den Fettresten auf dem Papier. Die Luke in der Tür öffnete sich. Ich gab den Becher aus der Öffnung und legte das Blut verschmierte Papier daneben. Beides wurde abgeräumt. Die Luke schloss sich. Wurde verriegelt. Mittags bekam ich eine Schüssel durch die Luke und hatte so zu tun, als würde ich eine Suppe löffeln. Abends Brot und Tee. In der Nacht Schläge. Nach 3 Tagen wurde ich einem Vernehmer der Staatsicherheit vorgeführt.

Text: M.J.Naue
Fortsetzung