In der DDR gab es 44 Gefängnisse und 33 U-Haftanstalten, davon 16 des Ministeriums für Staatssicherheit. Etwa 180 000 Menschen saßen zwischen 1949 und 1989 aus politischen Gründen in DDR-Haft. Besonders viele in den Haftanstalten Bautzen, in Berlin-Hohenschönhausen (U-Haft des MfS-Hauptquartiers), Cottbus, Brandenburg und Naumburg.
Das Frauengefängnis Hoheneck war ein Zuchthaus in Sachsen.
Der Name ist Synonym für die Verfolgung vieler, aus politischen Gründen inhaftierter Frauen in der DDR. Genaue Inhaftiertenzahlen sind nicht bekannt. Schätzungen sprechen aber von mehreren Tausend. Hoheneck in Stollberg (Erzgebirge) stand für Angst, unmenschliche Haftbedingungen, Ausbeutung, Folter und hatte den Ruf, das berüchtigtste Zuchthaus im gesamten deutschsprachigen Raum zu sein. Neben Zellen für Isolationshaft und/oder Dunkelhaft verfügte Hoheneck auch über eine „Wasserzelle“, bei der zusätzlich zur Isolation und Dunkelheit noch das teilweise Fluten mit eiskaltem Wasser durchgeführt wurde.
Staasi - Gefängnis: Berlin - Hohenschönhausen
Der Stasiknast Hohenschönhausen, einer wachturmumgebenen Zwingburg aus Beton, von der Außenwelt ehemals durch eine weitere Mauer um das umliegende Viertel von Stasiverwaltungsgebäuden und -Werkstätten doppelt abgeschottet.

Die Fiktion eines "Lager X". Wie der bis 1975 dort ebenfalls ansässige Strafvollzug der Staatssicherheit hieß. Nach Hohenschönhausen kam man nie direkt. Von einem anderen Einlieferungsort,"Rummeline" (Rummelsburg) oder der "Magdalene" (Stasihauptquartier in der Magdalenstraße) wurde man im geschlossenen "Barkas", einem DDR-Kleinlastwagen, mit einem Container auf dem Rücken, in die U-Haft gefahren.
"Kleine Minna" ( Barkas ) "große Minna" ( W 50 Lastwagen )


Dort erst in einer weiteren "Schleuse" innerhalb des Gebäudes ausgeladen. Nie hatte damals ein Gefangener die Chance, den Komplex von außen zu sehen. Auch eventuelle Kontakte mit der Außenwelt und die Entlassung war nur über Zwischentransporte nach außen möglich. Die Fenster waren mit Glasziegeln vermauert, der "Freihof" eine ummauerte Zelle, die nach oben nur durch Gitter und Stacheldraht einen Blick in den Himmel freiließ. Auch Kontakt zu den Mitgefangenen war nur soweit vorgesehen, wie das die Staatssicherheit bestimmte. Wer nicht über Monate in Einzelhaft saß, bekam einen sorgfältig ausgewählten Zellengenossen zugeteilt. Oft genug war das ein sogenannter "ZI" (Zelleninformant), entweder ein Gefangener, der für fleißige Berichte Haft-erleichterungen bekam oder sogar ein Angestellter der "Firma" (wie der DDR-Geheimdienst nicht nur intern genannt wurde), der für seine Tätigkeit bezahlt wurde. Dafür, daß man während der Transporte zum Vernehmer, zum Arzt oder zum Duschen nie einem anderen Gefangenen begegnete und soziale Kontakte höchstens mit den Stasi-Leuten unterhalten konnten, sorgte ein ausgeklügeltes Warnsystem. Wenn die rote Lampe leuchtete, mußte man sich mit dem Gesicht zur Wand stellen. "Desorientierung", als eine Folter. Und die war genauso wirksam, wie die Wasserzellen im U-Boot" (dem 1964 still gelegten unterirdischen KGB-Gefängnis). Die Gefangenen wurden nicht mit Namen, sondern mit Nummern angeredet. Ein U-Häftling, der wochenlang in einer wasser- und toilettenlosen Dunkelzelle verbracht hatte, wurde vom Vernehmer mit den Worten empfangen: "Wo waren sie denn? Ich habe sie seit Wochen gesucht! Wie Sie aussehen, waren Sie in der Sommerfrische!" Der Häftling teilte verzagt mit, er habe in Dunkelhaft gesessen. "Dunkelhaft", sagte der Vernehmer, "haben wir hier nicht. Für mich waren Sie in der Sommerfrische!" Eine besondere Finesse der Entpersönlichung des Gefangenen war auch die Tatsache, daß niemand in die Zelle einen Stift und Papier bekam. Briefe, Eingaben oder Formulare durften nur im Zimmer des Vernehmers geschrieben werden, Prozeßunterlagen nur dort eingesehen werden. Persönliche Aufzeichnungen durften nicht angefertigt werden.
Grotowohl - Express

Für weitere Transporte von Strafgefangenen, die nicht irgendwelchen Isolierungs- oder Sonderbestimmungen unterlagen, wurden Eisenbahntransporter benutzt, die nach dem unglückseligen ersten DDR-Ministerpräsidenten im Volksmund den Namen "Grotowohl-Expreß" trugen. Von außen waren sie als Postwagen deklariert. Die Fenster waren mit Brettern sehr nachlässig verschlossen, so daß es beständig zog. In den einzelnen Zellen entlang eines Seitengangs saßen, ähnlich wie in Abteilen der älteren D-Züge auf zwei gegenüberliegenden Holzbänken je sechs Personen, allerdings so eng, daß sich die Knie berührten. Zum Gang hin waren diese "Abteile" mit Draht und Gittern abgeschlossen. Der Grotowohl-Expreß wurde an Bummelzüge angehängt, blieb allerdings dem Vernehmen nach oft auf der Strecke liegen, weil die DDR-Eisenbahner passiven Widerstand gegen diese Transporte leisteten, behaupteten, sie könnten die Verantwortung nicht übernehmen, hätten derzeit keine Kapazität oder ähnliche Ausreden. Das verlängerte für die Gefangenen nur die quälend langsame Fahrt und oft war der Grotowohl-Expreß von Süden nach Norden tage- und wochenlang unterwegs. Hinzu kam, daß die Fahrt durch die Republik ein Rundkurs gewesen sein soll und darum eine Fahrt von Dresden nach Meiningen unter Umständen über Rostock ging. Verrufen waren die Zwischenquartiere, in denen übernachtet wurde, besonders die "Cottbuser Kasematten", in denen es von Ratten gewimmelt haben soll.
Gefängnis im Inneren des Ostberliner Polizeipräsidiums in der Keibelstraße

Als Untersuchungshaftanstalt II (UHA II) diente, wie gesagt das Gefängnis im Inneren des Ostberliner Polizeipräsidiums in der Keibelstraße. Die Keibelstraße war ein Knast nach amerikanischer Bauart. Um einen bis zum Glasdach reichenden Innenschacht liefen in 6 Etagen Gänge, von denen aus die Zellen begehbar waren. Immerhin gab es in der Keibelstraße eine überwiegende Reihe von Zwei-Mann-Zellen, die allerdings sehr zugig und nur schwer beheizbar waren. In jeder Etage waren je zwei größere Zellen, vielleicht 10 mal 5 Meter groß, die gewöhnlich mit 12 Gefangenen belegt waren. Im 6. Stock war die Untersuchungshaft für Frauen, von den Männeretagen streng abgeschottet. Vielleicht im 3. Stock gab es den sogenannten Hochsicherheitsbereich, durch zusätzliche Gitter abgeschottet, in dem besonders gefährliche oder aus anderen Gründen für kürzere oder längere Zeit zu isolierende Gefangene in Einzelhaft saßen. Wahrscheinlich ebenfalls im 3. Stock gab es eine Verbindung zum Polizeipräsidium und dort die Zellen des Polizeigewahrsams, von den Gefangenen aus sicher nicht beliebigen Gründen als "Grüne Hölle" bezeichnet.
Mit herzlichen Dank an
Wolfgang Rueddenklau
für Texte u. Fotos
Grenzübergang Bornholmer Strasee
Am Abend des vorweihnachtlichen Tages im Jahr 1983 betrat ich den Grenzübergang Bornholmer Straße. Es regnete. Einige Stunden hatte ich gewartet. Mich meiner Selbst vergewissert. In einem Hauseingang. Bis die Dunkelheit sich ausbreitete hatte. Ich ordnete mich in die Fußgängerschlange ein. An der ersten Kontrolle kam ich ungefragt, nach Paß und Visum, vorbei. Einige Minuten später überquerte ich einige Geländer und stand zwischen den wartenden Autos. Dort lief ich mit Autofahrern, die ausgestiegen waren, einige Meter gegen West-Berlin. Unbemerkt kam ich durch zwei andere Kontrollen. Jetzt waren es nur noch wenige Meter bis zum letzten Schlagbaum nach Westberlin. Plötzlich rief mich ein Offizier an. Kam näher. Verlangte, das ich sofort wieder in mein Autos steigen sollte. Unsicher schaute ich nach den Autos. Schließlich versuchte ich die Tür eines Mercedes zu öffnen. In diesem Augenblick stand der Offizier wieder bei mir. Er hatte seine Pistole aus dem Halfter gezogen. Richtete diese auf mich: "zeigen Sie mir mal Ihre Papiere" , "Moment"! sagte ich. Als ich mich in den Wagen lehnen wollte, spürte ich einen harten Schlag an den Hinterkopf und verlor das Bewußtsein. In einer Wasserlache liegend, die Hände mit Handschellen gebunden auf dem Rücken, erwachte ich. Die Tür der Wellblechbude öffnete sich. Ein dicker Polizist trat an mich heran. "Du stinkst ja wie ne Kuh aus dem Arsch" sagte er. Dann spürte ich seinen Stiefel im Gesicht. Verlor erneut das Bewußtsein. Später zerrten mich der dicke Poizist und ein anderer, in ein Polizeiauto. " Wolln mal sehen ob die Sau, Tollwut hat" sagte der dicke Polizist. Im Polizeikrankenhaus Prenzlauerberg, wurde mir eine Blutprobe entnommen. Noch betäubt von den Schlägen, konnte ich mich kaum aufrecht halten. Der dicke Polizist witzelte mit einer Krankenschwester. Der andere ließ mich nicht aus den Augen. Augenblicke ohne Handschellen. Dann musste ich vor den Polizisten herlaufen. In Richtung Ausgang. Die Handschellen banden nun meine Hände vor dem Körper. Eine breite steile Treppe führte zu der schweren Ausgangstür. Die Polizisten wartetetn ab, wie ich die Tür wohl öffnen wollte. Als ich endlich meine Fuß in der Tür hatte und meine Schultern dazwischen schieben wollte, um sie weiter zu öffnen, trat mir der dicke Polizist, höher stehend, ins Kreuz. Mein Gesicht schlug auf die Eisenklinke. Ich taumelte ins Freie. Hielt mich am Wagen fest. Die herbei eilenden Polizisten wollten mich ins Auto drängen. Ich drehte mich um und schlug die geballten Fäuste, die zusammen gebunden waren, an den Kopf des dicken Polizisten. Er taumelte. Fiel auf die Straße. Der andere Polizist wollte seine Pistole ziehen. Ihn traf mein Fuß unter seinem Kinn. Er taumelte zu einer Hecke, wo er liegen blieb. Immer noch lief mir das Blut aus meinen Mund und der Nase. Ich ging zu dem Polizisten, der in Hecke lag und nahm aus seiner Brusttasche eine Packung Zigaretten und Streichhölzer. Ich setzte mich aufs Auto und rauchte. Apathisch nahm ich wahr, das ich überall blutete. Ich rauchte und stierte in die Nacht. Hatte keine Gedanken. Der Polizist, der in der Hecke lag, rappelte sich zuerst auf. Suchte seine Pistole. Als er sie gefunden hatte, kam er auf mich zu. Griff mir an den Arm und führte mich langsam ins Auto. Minuten später, stieg auch der dicke Polizist zu. Schweigend fuhren wir einige Straßen zum Polizeipräsidium Keibelstraße am Alexanderplatz. Wortlos wurde ich anderen Polizisten übergeben. Plötzlich sprang der dicke Polizist an mich heran und wischte mit der Faust über meinen Hinterkopf: " Uff den müsster sehr jut uffpassen" raunte er. Noch einmal Blickte ich ihn an. Dann wurde ich in einen Raum geführt und musste mich entblößen. "Loß Ohrring raus", brüllte mich einer an. Der andere fummelte meine Schnürsenkel aus den Schuhen. Wieder ein ander blickte mir in den After. "Anziehen" Dann brachten Sie mich, mit gebundenen Händen und Füßen zu einer Treppe. In zeitlupe stieg ich die Stufen empor. In der dritten Etage wurde ich anderen Polizisten übergeben. Als ich durch ein Gitter geschleußt war, die Hand und - Fußschellen mir abgenommen waren, sagte der eine Polizist, der mich gebracht hatte noch " jetzt kannste ein bisschen Sterben spielen, in der grünen Hölle" Sogleich bekam ich einen Knüppel in die Knie geschlagen. Brach zusammen. Auf Knien hockend hörte ich, was mir gesagt wurde. Dann bekam ich einen Schlag auf den Hinterkopf. Die Polizisten zogen mich in eine Zelle. Die Riegel und die Schlösser hörte ich zuschnappen und schließen. Grelles Neonlicht biss sich in meine Augen. Durch einen Lautsprecher kam die Aufforderung: "an den Tisch setzen" Stundenlang saß ich an diesem Tisch. Ich schaute an den Wänden entlang. Die grüne Farbe an den Wänden bohrte sich in meine Erinnerungen. Ein plötzliches Geräusch ließ mich aufmerken. Das Licht wurde abgestellt. Durch den Lautsprecher hörte ich: "hinlegen". Nach 20 Minuten wurde meine Zelle geöffnet. Benommen wollte ich mich erheben, aber da trafen mich die Stöcke der Polizisten, bis ich das Bewußtsein verlor. ich wühlte mich durch die Nacht. Manchmal erwachte ich im Dunklem, röchelte, spuckte Blut. Manchmal war die Zelle hell erleuchtet. Stunden wälzte ich mich, schweißgebadet. Dann hörte ich durch den Lautsprecher: "an den Tisch setzen, abwarten" Umständlich kam ich zu dem Stuhl und Tisch. Wartete. In der Gefängnistür wurde eine Luke geöffnet. Sie reichten mir einen leeren Platikbecher, Butterbrotpapier. Mit Fettresten beschmiert. Mit einem Knall schloß sich die Luke. Ich verstand nicht: was sollte ich tun mit dem Becher und dem Papier ? Durch den Lautsprecher kam die Ansage."An den Tisch setzen und Frühstücken" Ich betrachte den leeren Becher und das leere Papier. Lief in der Zelle auf und ab. Nochmal erklang duch den Lautsprecher die Stimme: "Hin setzen und Frühstücken" Als ich immer noch dachte, was wollen die von mir und was ist das für eine Verarschung, wurde die Zellentür geschlossen. Vier Polizisten mit Schlagstöckern stürmten auf mich zu und schlugen mir die Knüppel, wohin sie treffen konnten. Zusammengekauert saß ich neben dem Bett. Die Tür wurde verriegelt. Wieder die Lautsprecherstimme: "Setzen und Frühstücken". Ich setzte mich an den Tisch, nahm einen Schluck Tee aus dem leeren Becher. Öffnete das Brotpapier Kaute imaginäres Brot. Das Blut aus meiner Nase vermischte sich mit den Fettresten auf dem Papier. Die Luke in der Tür öffnete sich. Ich gab den Becher aus der Öffnung und legte das Blut verschmierte Papier daneben. Beides wurde abgeräumt. Die Luke schloss sich. Wurde verriegelt. Mittags bekam ich eine Schüssel durch die Luke und hatte so zu tun, als würde ich eine Suppe löffeln. Abends Brot und Tee. In der Nacht Schläge. Nach 3 Tagen wurde ich einem Vernehmer der Staatsicherheit vorgeführt.
Text: M.J.Naue
Fortsetzung