Die Mitgliedschaft bei den Jungen Pionieren sowie den Thälmann-Pionieren war formal freiwillig. Andererseits wurde sie seitens des Staates (und damit der Schule) sowie aus Sicht vieler Eltern als selbstver-ständlich angesehen. In der Praxis ging die Initiative für die Aufnahme aller Schüler einer Klasse normalerweise von der Schule aus. Da die Aufnahme von staatlicher Seite her als eine Auszeichnung betrachtet wurde, stellte sich in der Regel nicht die Frage, ob jemand überhaupt Pionier werden wollte. Wie die Mitgliederquote von bis zu 98% der Schüler zeigt, mussten die 6- bzw 10-jährigen (oder deren Eltern) von sich aus aktiv werden, um nicht Mitglied zu werden. Es entstand daher eine schon als Mitläufertum zu bezeichnende Dynamik, die zur Aufnahme von fast allen Schülern einer Klasse führte. Dennoch gab es auch Kinder, die nicht Mitglied wurden, z. B. Kinder mit religiösem Elternhaus oder auch solche, die einfach keine Lust hatten. Teilweise wurden auch Schüler mit schlechten schulischen Leistungen oder schlechtem Benehmen "zur Strafe" nicht aufgenommen. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob man als Nicht-Mitglied benachteiligt wurde. So gibt es Berichte, dass Kinder von den organisierten Gruppenver-anstaltungen ausgeschlossen worden seien; andere Berichte sagen, Kinder seien trotzdem ausdrücklich dazu eingeladen worden, an allen Veranstaltungen teilzunehmen, für die sie sich interessierten. Offenbar gab es hier unterschiedliche, personenabhängige Praktiken. Eine Nicht-mitgliedschaft konnte sich negativ auf die Bewerbung für eine höhere Schule bzw. eine Spezialschule auswirken |
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FDJ / Freie Deutsche Jugend |
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Die FDJ war Teil eines parallelen Erziehungssystems zur Schule und wurde unter Führung der Staatspartei SED zur Massenorganisation entwickelt. Nach der Mitgliedschaft in der Pionierorganisation Ernst Thälmann als Jungpioniere vom 6. bis 10. Lebensjahr (Symbol: blaues Halstuch) und als Thälmann-Pioniere (Symbol: rotes Halstuch), wurden die jungen Menschen in die FDJ aufgenommen. In jeder größeren Stadt gab es ein Pionierhaus, wo vielfältige Arbeitsgemeinschaften angeboten wurden. Darüber hinaus gab es Pionierlager, Expertenlager und Stationen der Jungen Naturforscher und Techniker. Zentrales Pionierlager war die Pionierrepublik Wilhelm Pieck am Werbellinsee bei Berlin; dorthin wurden nur ausgezeichnete Pioniere delegiert. Der FDJ oblag die Leitung der Pionierorganisation "Ernst Thälmann"
Die Mitgliedschaft war laut Statut freiwillig, doch hatten Nichtmitglieder erhebliche Nachteile bei der Auswahl für weiterführende Schulen (Erweiterte Oberschule, EOS) sowie bei der Studien- und Berufswahl zu befürchten und waren zudem starkem Druck durch die Lehrkräfte ausgesetzt, der Organisation beizutreten. 1985 hatte die Organisation ca. 2,3 Millionen Mitglieder, entsprechend ca. 80 Prozent aller DDR-Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren. Die meisten Jugendlichen beendeten ihre FDJ-Mitgliedschaft nach dem Abschluss von Lehre oder Studium stillschweigend mit dem Eintritt ins Erwerbsleben. Der Organisationsgrad war in städtischen Gebieten wesentlich höher als im ländlichen Raum.
Die Organisation hatte die Aufgabe, die Jugend in den Marxismus-Leninismus einzuführen und zu "klassenbewußten Sozialisten" zu erziehen, die die "entwickelte sozialistische Gesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik mitgestalten". Sie verstand sich offiziell als Kampfreserve der SED, da die Partei keine eigene Jugendorganisation hatte, und entfaltete demgemäß ihre Aktivitäten. Die "Vertiefung der Freundschaft" zur den Kommunismus aufbauenden Sowjetunion und die Unterstützung "aller Völker der Welt" im Kampf gegen das "imperialistische System" hatte sich die FDJ als internationale Ziele gesetzt. So waren "FDJ-Brigaden" am Bau der Erdgasleitung "Drushba" (Drushba-Trasse) in der damaligen Sowjetunion beteiligt oder arbeiteten als Entwicklungshelfer z.B. im sandinistischen Nikaragua und zeitweise in Angola. Neben dieser ideologischen Zielsetzung war die Organisation der Freizeitbetreuung ihrer Mitglieder eine wesentliche Aufgabe des Jugendverbandes. Die FDJ organisierte Urlaubsreisen für die jungen Leute über ihre Reiseagentur Jugendtourist und unterhielt zahlreiche Jugendhotels und Jugendklubs. |
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GST / Gesellschaft für Sport und Technik |
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Die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) war eine paramilitärische Jugendorganisation in der DDR. Sie sollte offiziell vor allem der gemeinschaftlichen Freizeitgestaltung technisch und sportlich interessierter Jugendlicher dienen, die dazu erforderlichen technischen Mittel (wie Motorräder, Flugzeuge, Funkgeräte) zur Verfügung stellen und technische Sportarten und dazugehörige Sportförderung und Wettkämpfe, wie Motor- und Schießsportarten, pflegen bzw. veranstalten. Sie trug damit auch zur Militarisierung der Gesellschaft der DDR bei, indem sie u.a. die gesetzlich vorgeschriebene vormilitärische Ausbildung zusammen mit der Nationalen Volksarmee an Schulen, Universitäten und in den Betrieben durchführte. Sie wurde am 7. August 1952 gegründet und im Frühjahr 1990 aufgelöst.
Ihre Bedeutung wuchs zunehmend vom bloßen Wehrsport zur „Schule des Soldaten von morgen“. Sie betrieb Ausbildungsbasen, Schießstände, führte Wehrausbildungslager und Wettkämpfe durch.
Durch die im Wehrdienstgesetz festgeschriebene Teilnahme an der vormilitärischen Ausbildung, ohne die in der Regel der Zugang zu Studium und Berufsausbildung versperrt war, kamen fast alle jungen Männer und Frauen mit der GST in Kontakt, die diese „Übungen“ organisierte, auch wenn sie keine Mitglieder der GST waren.
Ein Teil der Oberschüler (EOS) war, sofern männlich, Mitglied der GST. Das gleiche galt für Lehrlinge in Großbetrieben. Sie zahlten einen ge-ringen Mitgliedsbeitrag (0,25 Mark für Schüler). Wie sehr das Militärische im Vordergrund stand, hing stark vom Ausbilder an der Schule ab. Neben der allgemeinen vormilitärischen Ausbildung wurden Wehrlager (für Jungen 2 Wochen am Ende der 9.Klasse) und ein so genannter Marsch der Bewährung für ca. 5 Tage im Jahr während der Berufsausbildung (an EOS einmalig am Ende der 11. Klasse) und Wettkämpfe (Wehrspartakiaden) durchgeführt.
Ab Anfang der 1980er Jahre funktionierten die betroffenen Jugendlichen die sogenannten Wehrlager-Aufenthalte immer mehr von vormilitärischer Ausbildung zur unterhaltsamen Klassenfahrtromantik um. Die Disziplin-losigkeit gegenüber jeglichen Militärischem nahm so stark zu, dass gegen Ende der 80er Jahre bestimmte Berufsschulen und Schulen keine Möglichkeit mehr hatten, die zentralen Wehrlager zu besuchen. Dabei spielte auch die zunehmend eingeschränkten finanziellen und materiellen Möglichkeiten eine Rolle. Als Alternative zur zentralisierten vor-militärischen Wehrlager-Ausbildung wurde die Nutzung betriebseigener Ferienlager üblich, in denen sich das Ziel straffer vormilitärischer Ausbildung aber nicht im entferntesten umsetzen ließ.
Die GST vereinigte dazu aber auch in ihren Reihen Jugendliche und Erwachsene beiderlei Geschlechts mit dem Ziel, sie durch den Sport körperlich zu ertüchtigen, mit technischen Kenntnissen auszurüsten und insgesamt für das Militär und internationale Sportwettkämpfe nutzbringende Kenntnisse und Fähigkeiten herauszubilden. Oftmals bot sie die einzige Möglichkeit, bestimmte Sportarten (zum Beispiel Segelfliegen, Motorfliegen, Schießsport, Tauchsport) legal auszuüben. Hintergrund bildete u. a. hier die Grund- und Laufbahnausbildung (2 Jahre) zur Vorbereitung auf den Wehrdienst in Speziallaufbahnen oder als Offizier.
Das attraktive Angebot derartiger Freizeitgestaltung wurde ab den 70er Jahren mehr und mehr eingeschränkt, insbesondere nachdem wiederholt DDR-Bürgern mit Fluggeräten verschiedenster Art die Flucht in die Bundesrepublik gelungen war.
Viele Jugendliche konnten durch eine Mitgliedschaft in der GST jedoch auch schnell, relativ problemlos und kostengünstig einen Führerschein für LKW, PKW, Motorrad oder Moped erlangen. 1990 betrugen die aufzu-bringenden Kosten für eine komplette Ausbildung für den Motorrad-führerschein knapp 50 Mark.
Etwa ein Prozent der Ausgaben wurde aus dem offiziellen Verteidigungshaushalt bestritten, der Rest musste von anderen staatlichen Einrichtungen finanziert werden. Das Beitragsaufkommen der Mitglieder war zu vernachlässigen. Für Mitglieder gab es Uniformen, Dienstränge, Leistungsnadeln und Orden. Die GST-Vorstände wurden von hauptamtlichem Personal mit militärischem Hintergrund, meist ehemaligen Berufssoldaten, dominiert.
Im Jahr 1979 hatte die GST rund 530.000 Mitglieder in über 9.800 lokalen Sektionen. Neben den meist fachspezifischen Sektionen war die GST als Massenorganisation nach den Regeln des demokratischen Zentralismus in Grundorganisationen, Kreis- und Bezirksvorständen und dem Zentralvorstand organisiert.
Das eigentliche Ziel war es, auf diese Art freiwillig qualifizierten und engagierten Nachwuchs für eine langjährige NVA-Dienstzeit zu gewinnen, was sich jedoch in den Achtziger Jahren mit dem nahen Ende der DDR zunehmend schwieriger gestaltete. Die überwiegende Mehrheit der so „Zwangsrekrutierten“ wurde von einem freiwillig längerem Militärdienst eher abgeschreckt.

Grafik im www.LichtBildkombinat.de
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