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DDR Lexikon
 
Katharina Witt
Eiskunstläuferin
Kati Witt war sich ihrer Bedeutung als Aushängeschild der DDR durchaus bewusst. Für sie sei es selbstverständlich, als "sozialistische Persönlichkeit" aufzutreten und "unseren Staat zu repräsentieren", erklärte sie im Juli 1989 in einem Gespräch mit dem späteren Honecker-Nachfolger Egon Krenz, der ihr das "Du" anbot. Selbstbewusst nannte sie im Gegenzug den Preis für die ihr vom Staat zugedachte Rolle: nämlich den Luxus des Westens im eigenen Land genießen zu können.
Mielkes Untergebene hatten es oft nicht leicht, ihre Wünsche zu erfüllen. Nachdem das MfS ihr einen dunkelblauen Lada beschafft hatte, den sie schnell zu Schrott fuhr, wünschte sie sich einen VW-Kleinbus "Caravelle". Aber damit war die Stasi überfordert. Im April 1988 sollte es ein Golf sein. "Gegenüber dem Genossen Kreft bekundete sie (...) Interesse an einem VW Golf LC - fünftürig - leuchtendes Rot (Ferrai-Rot (!!))." Drei Monate später war es soweit. In dem Aktenvermerk vom 7.7.1988 heißt es, Katarina Witt seien vom "Genossen Generalleutnant Gehlert" die Glückwünsche zum Olympischen Orden überbracht worden. "Anschließend erfolgte die Übergabe des VW Golf GL an Katarina Witt. Sie bedankte sich mehrmals und bat (...), herzliche Grüße an den Leiter der Bezirksverwaltung zu übermitteln. Sie sagte wörtlich: ,Ihr (MfS) seid die einzigsten, auf die Verlass ist.'"
Natürlich wollte die Eisprinzessin auch nicht wohnen wie die gemeinen Werktätigen im "Arbeiter-und-Bauern-Staat". Zunächst stellte das MfS sie mit einem neu ausgebauten Einfamilienhaus in Altenhof zufrieden. Bei der Schlüsselübergabe am 7.6.1988 sagte sie über die hervorragende Innenaus-gestaltung und zum äußeren Zustand des Hauses einschließ-lich des Gartengrundstückes: "Das ist ja Wahnsinn."
Später wollte sie noch eine repräsentative Vierzimmer-wohnung in der "Hauptstadt der DDR". Als es bei der Beschaffung "klemmte", wandte sie sich an Krenz und suchte daneben noch bei anderen Unterstützung. "Sie äußerte auch die Absicht, sich evtl. an Genossen Schalk zu wenden", den einflussreichen Devisenbeschaffer der SED, notierte das MfS. Doch die Dinge liefen zunächst nicht gut. "Die Wünsche von Katarina Witt, weder die baulichen Ver-änderungen noch die danach mit Sicherheit folgenden not-wendigen Ausstattungen, die mit vielen Extravaganzen ver-bunden sind, sieht sich die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (...) außerstande zu realisieren." Am Ende klappte es dann doch noch. Auch bei den damaligen DDR-Alltagsproblemen wie der Fernseher- oder Autoreparatur musste die Stasi ran. Und als sie im Sommer 1989 wegen zu schnellen Fahrens ihren Führerschein verlor, waren Mielkes Heinzelmännchen zur Stelle. Kati wurde zwar "deutlich aufgezeigt", dass sie sich künftig "entsprechend der StVO zu verhalten hat" und gesagt, ihr könne bei erneuten Verfehlungen nicht noch einmal geholfen werden. Aber dann heißt es im Aktenvermerk der Stasi vom 11.7.1989: "Nach der Beratung zu diesem Problem wurden der Kati der entzogene Führerschein und ein neuer Berechtigungsschein übergeben." Im Gegenzug wusste die Stasi jedoch sehr genau, wie abhängig der Sportstar vom Geheimdienst geworden war. "Katarina Witt sieht im Ministerium für Staatssicherheit einen Partner, dem sie alle Probleme und Sorgen, bis hin zu ihren Beziehungen zu Männern anvertrauen kann und auch Rat und Unterstützung im Rahmen des Möglichen erhält .........". Die MfS-Psychologen implantierten ihr das Bewusstsein, dass "sie unserer Partei und unserem Staat alles, was sie ist, zu verdanken hat", ist an anderer Stelle zu lesen. Dennoch trieb Katarina Witt ihnen mitunter den Schweiß auf die Stirn, wenn sie laut Aktennotiz vom 3.3.1989 zu bedenken gab: "Wir stecken doch alle unter einer Decke, und jeder denkt sicherlich vom anderen, dass die Staatssicherheit dahintersteckt, und eigentlich wäre es doch besser, mit offenen Karten zu spielen. Ihr wurde nochmals erklärt, dass nach wie vor ihre Verbindung zur Staatssicherheit geheim gehalten werden muss und dabei auf die politischen Konsequenzen verwiesen (westliche Massenmedien), wenn diese Verbindung bekannt werde. Sie stimmte dem zu und versicherte, dass sie sich bisher daran gehalten habe und weiterhin daran halten wird."

 
Lutz Eigendorf
 
 
Geflohene DDR Sportler
 
* Jörg Berger

* Walter Dzur

* Lutz Eigendorf

* Rolf Fritzsche

* Falko Götz

* Heinz Hempel

* Fritz Laband

* Frank Lippmann

* Fritz Machate

* Karl Miller

* Norbert Nachtweih

* Jürgen Pahl

* Emil Poklitar

* Michael Polywka

* Heiner Schaffer

* Dirk Schlegel

* Helmut Schön

* Jürgen Sparwasser

* Jürgen May

* Wolfgang Schmidt

* Roman Gräfner

 
Mitarbeiter der Stasi
 
Udo Beyer,
Olympiasieger im Kugelstoßen, auf dem Podest in Montreal im Jahr 1976
 
Siegfried Brietzke,
im Jahr 1972 während der Olympischen Spiele in München.
Der mehrfache Olympiasieger, Weltmeister und Träger des mit einer Rentenzahlung verbundenen Vaterländischen Verdienstordens in Gold. 1984 erhielt er den höchsten Orden des Olympischen Komitees und stieg 1987 in der DDR zum Trainer auf.
 
 
Nachwuchs
Großgewachsener Nachwuchs war vor allem für die Spielsportarten und für das Rudern zentral.14 Um geeignete Jugendliche zu finden, betrieb bereits 1964 der DDR-Fernsehfunk eine Suche nach »jugendlichen Riesen«. Das ESA-Verfahren der 70er Jahre geriet in dieser Hinsicht zuweilen aus den Fugen, da um die »Langen« ein Tauziehen zwischen Betriebssportgemeinschaften, Dynamo- und Armeesportclubs stattfand. Im Konkurrenzkampf um die besten Talente entwickelte sich so zwischen verschiedenen Sportarten (Volleyball und Rudern) und Trägern (SV Dynamo, ASV Vorwärts) ein regelrechter Wettlauf, der in unkontrollierte Vorsichtungen schon im Kindergarten und den unteren Schul-Klassen ausartete.15 Talentspähende Trainer und Übungsleiter machten sich auf eigene Faust auf die Suche; zuweilen griffen auch die Abschnittsbevollmächtigten der Volkspolizei (ABV) unterstützend ein.
Sport in der DDR
 

Die Sportler der DDR stellten eine im Vergleich zur Bevölkerung des Landes überproportionale Zahl von Europa- und Weltrekorden in vielen Sportarten auf, vor allem beim Schwimmen, in den Eis- und Wintersportarten, im Radsport, in der Leichtathletik und beim Gewichtheben. (weitere flächendeckend geförderte Sportarten im Artikel KJS).

Der große Erfolg der DDR-Sportler wird mit systematischer Sportförderung, die alle Schulen einbezog, erklärt. Nach der Wende wurden Vorwürfe über flächendeckendes Doping bekannt. DDR-Leistungssportler wurden teilweise ohne ihr Wissen von Trainern und Sportärzten gedopt, was zum Teil zu schweren Dauerschäden führte. Besonders häufig wurde das Anabolikum Oral-Turinabol eingesetzt. Bei Kontrollen fiel die DDR im internationalen Sport nicht häufiger als andere Länder auf. Seit den 1990er Jahren spielt das Thema Doping und Kontrollen weltweit eine immer größere Rolle.

Die Wirksamkeit der Sportförderung in der DDR zeigt sich unter anderem auch daran, dass nach der Wiedervereinigung ein überproportionaler Anteil deutscher Sporterfolge von Sportlern errungen wurde, die in der DDR ausgebildet worden waren.

Die DDR förderte den Spitzensport unter anderem so intensiv, um durch die Erfolge das Selbstbewußtsein der DDR-Einwohner zu stärken, um internationales Prestige zu gewinnen und die Überlegenheit des Sozialismus zu demonstrieren. Für diese Erfolge wurden auch Opfer und gesundheitliche Dauerschäden in Kauf genommen.

Sponsoring war in der DDR weitgehend unbekannt, es gab jedoch zahlreiche Betriebssportgruppen/Betriebssportgemeinschaften (BSGs) in fast allen auch kleinen Städten, die von den ansässigen Betrieben, Werken und Kombinaten finanziert und gefördert wurden. Eine der wenigen Ausnahmen für Sponsoring war der Radsport wo auf italienische und englische Hilfe zurückgegriffen wurde. Firmen wie Colnago und Reynolds sponsorten die DDR-Mannschaft wie heute Profiteams unterstützt werden, Campagnolo unterstützte DDR-Sportler wegen ihrer Erfolge bis nach der Wende.

Ungewöhnlich ist, dass bei vielen Sportarten auch Leistungssportler formal einem Betrieb angehörten und teilweise außerhalb der Saison tatsächlich in ihren Berufen arbeiteten. Ehemaligen Leistungssportlern wurde der Übergang in einen gewöhnlichen Beruf erleichtert. Die Preise für Spitzenleistungen und Medaillengewinne waren in der Regel nicht mit westdeutschen Maßstäben vergleichbar.

92 Prozent der früheren Hochleistungssportler leiden an Skeletterkrankungen, 52 Prozent haben Probleme mit dem Bewegungsapparat beim Stehen. 38 Prozent der Opfer sind psychisch labil und in Gefahr, sich selbst zu schädigen. Bis hin zum Selbstmord. 25 Prozent erkrankten an Krebs und 42 Prozent der Frauen leiden noch heute durch die Einnahme von Hormonen an den Folgen einer Vermännlichung.

Viele der Geschädigten beklagen als Folgen des unfreiwilligen Dopingmittel-konsums Essstörungen, Suchterkrankungen und Beeinträchtigungen des Selbstbildes.


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Fußball in der DDR, das ist auch die Geschichte schier unglaublicher Pressionen seitens des SED-Regimes, das Sport in erster Linie als Politikum ansah. Durch die permanenten staatlichen Eingriffe in den Spielbetrieb, sollten die „politisch erwünschten“ Erfolge erzwungen werden. Das Spitzelwesen gegenüber regimekritischen Spielern oder potenziellen „Republikflüchtlingen“, die Abschirmungsmaßnahmen bei deutsch-deutschen Fußballbegegnungen, die Repressionen gegenüber unbotmäßigen Fans. Das besonders drastische Beispiel des zehnfachen Meistervereins Berliner FC Dynamo, den der Stasi-Chef Erich Mielke als seinen Privatklub ansah.

Der Fall Lutz Eigendorf
E. der beim DDR-Oberligisten BFC Dynamo unter Vertrag stehende sechsfache Nationalspieler, bat nach einem Freundschaftsspiel beim 1. FC Kaiserslautern am 20. März 1979 um politisches Asyl in der Bundesrepublik. Knapp vier Jahre später, am Morgen des 7. März 1983, erlag der 26-Jährige den Folgen eines schweren Autounfalls. Als Unfallursache wurden 2,2 Promille Alkohol im Blut angegeben.

Am 19. März 1979 reist die Mannschaft des BFC Dynamo zu einem Freundschaftsspiel nach Kaiserslautern. Zuvor mussten Spieler und Funktionäre einen besonderen Verhaltenskodex unterschreiben. Distanz zum Klassenfeind heißt die Devise. Tagsdarauf unterliegt der Ost-Berliner Spitzenclub dem Bundesliga-Tabellenführer mit 4 : 1. Am nächsten Morgen fährt man zurück nach Ost-Berlin. In Gießen soll nach einem einstündigen Stadtbummel die Heimreise weiter gehen. Doch ein Spieler fehlt: Lutz Eigendorf. Während Mannschaft und Funktionäre über seinen Verbleib rätseln, ist er längst auf dem Weg nach Kaiserslautern. "Für Erich Mielke, Minister für Staatssicherheit, bedeutete Eigendorfs Flucht eine ganz persönliche Niederlage", sagt ein ehemaliger Oberst des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit. "Eigendorf hatte seinen Förderer im Stich gelassen. Persönlich zutiefst verletzt, nahm sich Mielke selbst des Falles Eigendorf an."Was das konkret heißt, erfährt zunächst die in Ostberlin zurückgebliebene Frau des geflohenen Dynamo-Spielers. Der Mannschaftsbus hatte ohne ihren Mann gerade erst Gießen verlassen, da wird die Wohnung in der Zechliner Straße 3 bereits unter Beobachtung gestellt. Gabriele Eigendorf wird wiederholt verhört, die Wohnung durchsucht. Unter allen Umständen will der DDR-Geheimdienst eine Familienzusammenführung verhindern. Jeder Schritt Gabriele Eigendorfs wird überwacht und nahezu lückenlos dokumentiert. Dafür sorgen Mielkes Mannen: Oberst Manfred Nothing, die Führungsoffiziere Wolfgang Franke und Heinz Heß, Oberstleutnant Willy Woythe und der eigens für Gabriele Eigendorf aktivierte Liebhaber Peter Homann. Vom Tag der Flucht an gelingt es der Stasi, jeden privaten Kontakt zu Lutz Eigendorf zu kappen. Die Spielergattin, die um ihre Zukunft bangt und nicht mehr mit der Rückkehr ihres Mannes rechnet, ist eine leichte Beute für Peter Homann, der sich bei ihr häuslich einrichtet. Der Rechtsanwalt Hans-Gerhard Cheim, seit 1961 inoffizieller Stasi-Mitarbeiter, besorgt die juristischen Formalitäten für Scheidung, Unterhaltszahlungen und die nach der Hochzeit Gabriele Eigendorfs mit Peter Homann erzwungene Namensänderung der Tochter Sandy.

Auch für Lutz Eigendorfs Eltern ändert sich das Leben mit dem Tag der Flucht ihres Sohnes radikal. Ihre Wohnung wird unter Beobachtung genommen, Jörg Eigendorf stundenlang verhört. Die Stasi installiert heimlich Abhörwanzen, kontrolliert die Post, schneidet die Telefonate zwischen Eltern und Sohn mit. Die Protokolle der vierjährigen Bespitzelung samt den Personalakten von insgesamt 15 auf die Eigendorfs angesetzten inoffiziellen Mitarbeitern füllen zwei Aktenberge.

Doch die Stasi umstellt nicht nur die Eltern Eigendorfs und seine Ehefrau. Ihr langer Arm reicht bis in die Bundesrepublik, wo Lutz Eigendorf beim 1. FC Kaiserslautern zunächst als Jugendtrainer seine Sperre überbrückt und das neue Leben im Westen genießt. Unmittelbar nach seiner Flucht wird der Ostberliner Spitzel IM "Mathias" alias Klaus Thiemann auf Eigendorf angesetzt, der alles über den "Verräter im Fußball" auskundschaftet, was er von ahnungslosen Sportreportern aus der Bundesrepublik in Erfahrung bringen kann. Ein weiterer inoffizieller Mitarbeiter, der Duisburger Spitzel Heinz Kühn, ist beauftragt herauszufinden, womit der Fußballprofi seine Freizeit verbringt. Eigendorfs Nachtleben, seine Vorlieben für Bars und Diskotheken sind den Stasi-Herren in Ost-Berlin bis ins Detail bekannt. Zusätzlich wird ein weiterer Spitzel aktiviert: IM "Klaus Schlosser" alias Karl-Heinz Felgner, ein alter Bekannter aus Ost-Berlin, der eigens nach West-Berlin übersiedelt. Lutz Eigendorf mit Freundin JosiDer vermeintliche Freund erfährt intimste Dinge, bekommt Höhen und Tiefen einer großen Liebe mit. Auch der Wechsel Eigendorfs im Juli 1982 zu Eintracht Braunschweig bleibt den Stasi-Mannen nicht verborgen. Die Spitzel ziehen mit dem "Verräter", wie Eigendorf in den Stasi-Akten genannt wird, nach Norddeutschland um, wo ein vierter Spitzel hinzukommt: Bernhard Kröger mit dem Decknamen IM "Kroll". Damit ist das Netz um Lutz Eigendorf fest geknüpft. Es fehlt nur noch der geeignete Moment, um die Schlinge um den abtrünnigen Fußballer zuzuziehen.

Tod dem Verräter

Als Lutz Eigendorf, der im Oktober 1982 seine neue Liebe Josi geheiratet hat, knapp drei Wochen nach der Geburt des Sohnes Julian 1983 ein Fernsehinterview gibt, scheint der Augenblick gekommen. Vor laufender Kamera äußert sich Eigendorf noch einmal zu den Motiven seiner Flucht, spricht vom Reiz des Geldes, vor allem aber von der sportlichen Herausforderung, sich im leistungsstärkeren Bundesliga-Fußball zu etablieren.

  Danach soll Erich Mielke die Liquidierung Lutz Eigendorfs höchst persönlich angeordnet, sein wichtigster Mann beim BFC Dynamo, Generalleutnant Otto Geisler, den Befehl an seinen Stellvertreter Heinz Ranhsch weiter-gegeben haben. Ein ehemaliger Oberst des MfS erinnert sich: "Bei uns galt Eigendorf als hasserfüllter DDR-Gegner, der endlich mundtot gemacht werden musste ... Als Abschreckung für DDR-Spieler im Ausland gab es nur eins:
"Tod dem Verräter."
Stasiwappen

Am Samstag, dem 5. März 1983, kurz nach 23 Uhr wird Lutz Eigendorf am Steuer seines Alfa Romeo von einem im Dunkeln lauernden Pkw, der seine Scheinwerfer plötzlich anschaltet, geblendet. Ungebremst rast der Alfa gegen einen Baum. Lutz Eigendorf stirbt am Morgen des 7. März an den Folgen seiner schweren Verletzungen. Die Untersuchung einer Blutprobe ergibt einen Promillegehalt von 2,2. Dafür hätte er 4,3 Liter Bier oder 2 Liter Wein trinken müssen. Das jedoch erscheint nach der Rekonstruktion der letzten Stunden vor dem Unfall höchst unwahrscheinlich. Josi Eigendorf glaubt bis heute nicht, dass Lutz Eigendorf so viel getrunken hat. Wurde er ermordet? Nach Informationen aus dem Mielke-Apparat soll der Mörder Eigendorf vor einem Restaurant aufgelauert und in seinem eigenen Alfa gekidnappt haben. Unter Todesdrohung sei ihm Alkohol mit giftiger Substanz eingeflößt worden. Nach einer Stunde sei er aufgefordert worden zu verschwinden und in Todesangst losgerast. Ein erst kürzlich in der Gauck-Behörde gefundenes Dokument belegt, dass Eigendorf tatsächlich vergiftet wurde.

Oberstleutnant Heinz Heß, die zentrale Figur im Fall Eigendorf, bekam für außergewöhnliche Leistungen am Todestag des abtrünnigen Fußballers eine Prämie von 1.000 Mark. Karl-Heinz Felgner kassierte die Summe von 500 Mark. In seiner Stasi-Akte fehlen alle Dokumente zum Fall Lutz Eigendorf.

Unter großer Anteilnahme wurde Lutz Eigendorf am 17. März 1983 auf dem Waldfriedhof in Kaiserslautern beigesetzt.

Heidi Krieger
Andreas Krieger ist früher Heidi Krieger gewesen. Heidi Krieger kommt 1979 als 13jährige durch einen Freund zur Leichtathletik. Das Mädchen fällt auf. Beim Völkerball muß sie mit der linken Hand werfen, da ihre Würfe mit der rechten Hand zu stark sind. Folgerichtig landet das Talent bei den Werfern.Aus Akten ist der Grund für die Steigerung bekannt: 885 Milligramm männliche Hormone, die im Präparat Oral-Turinabol stecken, schluckt sie 1982, ein Jahr später sind es 1820 Milligramm, 1984 sogar 2590 Milligramm. Die Grenze von 1000 Milligramm Anabolika im Jahr dürfe "in keinem Anwendungsfall überschritten werden", steht in einer internen Studie des Leipziger Wissenschaftlers Lothar Hinz, der sich nicht nur über Kriegers Dosis wundert, sondern auch über das junge Alter von "Sportler Nr. 54" in der Dopingversuchsreihe.Davon weiß Krieger nichts. Man habe ihr gesagt, daß sie mit den Mitteln das tägliche Training besser verkraften würde. Und die Schinderei beim Muskel aufbau. "Ich ahnte, daß die Mittel nicht sauber waren", sagt Krieger, aber er habe nicht weiter darüber nachgedacht. Tatsächlich fallen Heidi mit den Tabletten die Übungen leichter. Die Muskulatur nimmt stetig zu. Die Stimme wird tiefer und die Haare sprießen bis zum Bauchnabel. Sie stemmt Gewicgte, bis die Hände bluten. Stolz ist Sie darauf. Krieger zitiert aus Trainingsbüchern: Bankdrücken 110 Kilogramm, Kniebeugen 150, Halbkniebeugen 260 Kilogramm. Als 21jährige liegt ihr Wochenpensum bei 180 Tonnen!
Bei den Europameisterschaften 1986 in Stuttgart wird sie mit 21,10 Metern Erste, zum Erfolg gedopt, um für den abwesenden DDR-Star Ilona Slupianek im Land des Klassenfeindes zu siegen. Dann stagnieren die Leistungen. Als sie 1987 EM-Vierte wird, wird sie behandelt, "als hätte ich einen Ausreiseantrag gestellt", erinnert sich Krieger. Zu diesem Zeitpunkt verstärken sich die gesundheitlichen Probleme. Rücken- und Muskelschmerzen, mitunter so stark, daß sie sich beim Treppensteigen am Geländer hochziehen muß, werden zum ständigen Begleiter. Mit den körperlichen Störungen wachsen die seelischen Probleme. Schon länger fühlt sich Krieger in ihrem Körper unwohl. Röcke sind ihr ein Graus, das Verhalten gleichaltriger Mädchen fremd. Das Wort Transsexualität kennt sie noch nicht. Um Aufmerksamkeit zu erzielen, tritt sie im Internat aggressiv auf. Sie zerkratzt sich die Hände, um Mitleid zu erregen. Reaktion der Betreuer: Sie darf fortan zu Hause schlafen. Geschlechtsumwandlung im Jahre 1997. Auch außerhalb des Sportklubs findet die 1,87 Meter große, männlich wirkende Heidi keine Ruhe. "Schwuchtel, Tunte", wird ihr auf der Straße hinterhergerufen. Er habe mit niemanden darüber sprechen können, sagt der heute 34jährige. Ein Psychologe, dem er sich einmal anvertraut hat, habe alles brühwarm dem Trainer erzählt. Im gewissen Sinne wird die gesellschaftliche Wende 1989/90 auch die persönliche Wende der Kugelstoßerin. 1991, nach Operationen an Hüfte und Knie, beendet Heidi Krieger ihre Sportkarriere. Sie zieht sich zurück, meidet Schwimmbad und öffentliche Verkehrsmittel, um so mehr, da sie im Dopingenthüllungsbuch der Heidelbergerin Brigitte Berendonk als "Hormon-Heidi" auftaucht. Immer öfter ist sie in psychologischer Behandlung, auch wegen Suizidgefahr. Dann lernt sie einen Transsexuellen kennen, der ihr die Augen öffnet. 1997 läßt sie sich Gebärmutter, Eierstöcke und Brüste entfernen, "um endlich als Herr Krieger in der Welt zu stehen". "Eine Heidi Krieger ist mir heute fremd", sagt Krieger jetzt. Es ist ehrlich gemeint. Den DDR-Ärzten macht er den Vorwurf, seine Probleme ignoriert zu haben. "Sie hätten die Ampel auf Rot stellen müssen", denkt Krieger. Gleichzeitig betont er, daß er die Doping-Einnahme nicht als Ursache seiner Transsexualität ansieht. "Sie hat aber die Neigung verstärkt." Bis heute verfolgt ihn das zu DDR-Zeiten verabreichte Testosteron. Alle drei Wochen erhält er einen ähnlichen Wirkstoff gespritzt, weil sein Körper keine männlichen Hormone produziert. Andreas Krieger will kein Mitleid. Er will Gerechtigkeit. Seine Goldmedaille hat er zurückgegeben. Seit einem Jahr ist er Beisitzer im "Doping-Opfer-Hilfe e.V.". Die Privatinitiative zeichnete in diesem Jahr erstmals eine Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für den Kampf gegen Doping aus mit dem "Andreas-Krieger-Preis".

Sportchef Manfred Ewald

7.7.2000 Der Berliner Doping-Prozess geht zu Ende: Der angeklagte DDR-Sportchef Manfred Ewald hat erstmals Stellung genommen.Mit Spannung wird heute das Urteil im wichtigsten Prozess um das systematische Doping im DDR-Leistungssport erwartet. Der Staatsanwalt forderte zwei Jahre auf Bewährung und 4500 Mark Geldstrafe für den DDR-Sportchef Manfred Ewald und den ehemaligen führenden Sportarzt Manfred Höppner. Am Dienstag hatte sich Ewald zum ersten Mal zum Vorwurf der Beihilfe zur Körperverletzung geäussert. "Die Vorwürfe entsprechen nicht den Tatsachen, meine Entscheidungen betrafen nicht das hier Behandelte", erklärte der 74jährige vor dem Berliner Landgericht. Er sei ein von "tausend Sportfreunden" gewählter Präsident gewesen. Ansonsten schliesse er sich den Ausführungen seines Verteidigers an. Dieser, ein früherer Vernehmungsoffizier der Staatssicherheit, führte in seinem Plädoyer aus, dass die Hauptvorwürfe nicht bewiesen worden seien. Und selbst wenn, seien sie nicht strafbar, weil laut DDR-Recht Doping nicht strafbar gewesen sei. Dass nicht wegen Dopings, sondern wegen Körperverletzung durch die Gabe von Dopingmitteln an Minderjährige verhandelt wurde, erwähnte er nicht. Dafür warf er der Justiz vor, es gehe "um eine Verteufelung der DDR". Anders reagierte Höppners Anwalt Peter Mildebrath. Sein Mandant übernehme die Verantwortung, dass DDR-Sportlerinnen "unterstützende Mittel" verabreicht worden waren. Wenn dabei Fehler unterlaufen seien, habe der Facharzt dafür einzustehen. Strafmildernd führte der Verteidiger an, dass der zeitliche Abstand zwischen Tat und Prozess sehr lang sei, dass Höppner versucht habe, für eine vernünftige Dosierung der Anabolika einzutreten und dass er sein Unvermögen, Unheil von den Sportlerinnen abzuwenden, bedauert habe. Falls das Gericht seinen Mandanten dennoch für schuldig erkläre, so "stelle ich die Strafe in das Ermessen des Gerichts", schloss Mildebrath.